Biophysikalische Variablen der Vegetation können auf der Grundlage der Inversion der spektralen Reflexionswerte der Oberseite des Kronendachs aus Sentinel-2-Daten mit Hilfe des SNAP-Biophysical-Prozessors abgeleitet werden. Er basiert auf dem von Weiss et al. 2000 beschriebenen und in der SNAP-Toolbox implementierten Ansatz.

Der Prozessor liefert als Ausgabe Schätzungen zu den folgenden biophysikalischen Variablen:

LAI (Leaf Area Index, Blattflächenindex)
FAPAR (Fraction of absorbed photosynthetically active radiation, Anteil der absorbierten photosynthetisch aktiven Strahlung)
FVC (Fractional Vegetation Cover, Fraktionelle Vegetationsdecke)

Diese Variablen sind ein wichtiger Input für Wachstumsmodelle für Pflanzen und werden von internationalen Organisationen wie GCOS und GTOS als wesentliche Klimavariablen (ECV) anerkannt.

LAI

Der LAI ist definiert als die Hälfte der entwickelten Fläche der photosynthetisch aktiven Elemente der Vegetation pro Einheit horizontaler Bodenfläche. Er bestimmt die Größe der Schnittstelle für den Austausch von Energie (einschließlich Strahlung) und Masse zwischen dem Kronendach und der Atmosphäre. Es handelt sich um eine primäre Variable des Kronendachs, die nicht von den Beobachtungsbedingungen abhängen sollte. Der LAI ist stark nichtlinear mit dem Reflexionsgrad verbunden. Daher ist seine Schätzung anhand von Fernerkundungsbeobachtungen stark skalenabhängig (Garrigues et al. 2006a; Weiss et al. 2000). Es ist darauf hinzuweisen, dass der aus Fernerkundungsdaten geschätzte LAI der Vegetation alle grünen Komponenten umfasst, d. h. auch den Unterwuchs, wenn er sich unter der Baumkrone befindet. Aufgrund der möglichen Heterogenität der Blattverteilung innerhalb des Kronendachs ist der LAI jedoch nicht direkt aus Fernerkundungsdaten ablesbar. Daher sind Fernerkundungsbeobachtungen eher empfindlich gegenüber dem 'effektiven' Blattflächenindex, d. h. dem Wert, der unter der Annahme einer zufälligen Verteilung der Blätter dasselbe Fernerkundungssignal wie das tatsächlich erfasste erzeugen würde. Der Unterschied zwischen dem tatsächlichen LAI und dem effektiven LAI kann durch den Verklumpungsindex quantifiziert werden, der grob zwischen 0,5 (stark verklumpte Baumkronen) und 1,0 (zufällig verteilte Blätter) schwankt.

FAPAR

FAPAR entspricht dem Anteil der photosynthetisch aktiven Strahlung, der von der Baumkrone absorbiert wird. Der FAPAR-Wert ergibt sich direkt aus dem Strahlungstransportmodell im Kronendach, das sofort berechnet wird. Er hängt von der Struktur der Baumkronen, den optischen Eigenschaften der Vegetationselemente und den Beleuchtungsbedingungen ab. FAPAR ist sehr nützlich als Input für eine Reihe von Primärproduktivitätsmodellen, die auf einfachen Effizienzüberlegungen beruhen (Prince 1991). Die meisten Primärproduktivitätsmodelle, die dieses Effizienzkonzept verwenden, laufen im täglichen Zeitschritt. Folglich sollte die Produktdefinition dem täglichen integrierten FAPAR-Wert entsprechen, der durch die Berechnung der täglichen integrierten FAPAR-Werte bei klarem Himmel sowie des für diffuse Bedingungen berechneten FAPAR-Wertes angenähert werden kann. Der momentane FAPAR-Wert um 10:00 (oder 14:00) Uhr Sonnenzeit kommt dem tagesintegrierten Wert bei klarem Himmel sehr nahe. FAPAR steht in relativ linearem Verhältnis zu den Reflexionswerten und ist wenig empfindlich gegenüber Skalierungsproblemen. Beachten Sie auch, dass sich die FAPAR nur auf die grünen Teile (Blattchlorophyllgehalt höher als 15µg/cm2) des Blätterdaches bezieht.

FVC

Der FVC entspricht dem Lückenanteil für die Nadirrichtung. FVC wird zur Trennung von Vegetation und Boden bei Energiebilanzprozessen, einschließlich Temperatur und Evapotranspiration, verwendet. Er wird aus dem Blattflächenindex und anderen strukturellen Variablen des Kronendachs berechnet und ist im Gegensatz zu FAPAR nicht von Variablen wie der Beleuchtungsgeometrie abhängig. Aus diesem Grund ist er ein sehr guter Kandidat, um die klassischen Vegetationsindizes bei der Überwachung der grünen Vegetation zu ersetzen. Hinweis: Ähnlich wie bei LAI und FAPAR werden nur die grünen Elemente (Blattchlorophyllgehalt von mehr als 15µg.cmP -2 P) berücksichtigt.

Zugriff und Anwendung

Je nach Umgebung und Verwendungszweck gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Prozessor einzusetzen:

EO-Browser: -
EO-Finder:
- Datenkatalog: CODE-DE
- Kollektion: Sentinel-2 (Level 2A)
- Prozessierung: Sentinel-2 LAI
- Weitere Informationen finden Sie im Abschnitt "Verwendung des Prozessors SNAP Biophysical im EO Finder".
Auf einer virtuellen Maschine:
- Der SNAP-Biophysical-Prozessor ist Teil der SNAP-Toolbox, die vom Benutzer installiert werden kann oder bereits im OSGeoLive-Image enthalten ist.

In der SNAP-Toolbox hat der Benutzer vollen Zugriff auf alle möglichen Ausgaben. Alle Level 2A Datenprodukte von Sentinel-2 können als Input verwendet werden. Bevor die biophysikalischen Variablen aus den Sentinel-2-Daten extrahiert werden können, müssen alle Spektralbänder auf eine einheitliche Pixelgröße umgerechnet werden.

Verwendung des Prozessors SNAP Biophysical im EO Finder

Der SNAP Biophysical Processor ist eine CODE-DE EO Finder-Implementierung des Biophysical Processors in der ESA SNAP Toolbox Version 9.0. Eingabedatensätze können im EO Finder ausgewählt und zum Warenkorb hinzugefügt werden. Nach Auswahl der entsprechenden Verarbeitungsparameter in der grafischen Benutzeroberfläche kann der Auftrag zur Verarbeitung in die CODE-DE Cloud übermittelt werden.

Voraussetzungen:

Cloud-Ressourcen in der CODE-DE Cloud - können über den Helpdesk (support@code-de.org) beim DLR-Management angefragt werden
Objektspeicher-Container ( zum Beispiel ein S3-Bucket)
Zugangsdaten für diesen Bucket ( Zugriffs- und Geheimschlüssel

Ausführliche Informationen finden Sie im Abschnitt "Weitere Informationen".

Start des Prozessors SNAP Biophysical

Öffnen Sie den EO Finder und vergewissern Sie sich, dass Sie mit Ihrem CODE-DE-Konto eingeloggt sind.
Suchen Sie den Bereich "Processing" und wählen Sie den Prozessor "SNAP Biophysical". Die erforderlichen Einträge für den Datenkatalog (CODE-DE), die Kollektion (Sentinel-2) und die Verarbeitungsstufe (Level 2A) werden automatisch vorausgewählt. Optional kann die Suche mit zusätzlichen Filterkriterien wie Aufnahmezeitraum oder Region verfeinert werden.
Starten Sie die Suche und wählen Sie aus den Ergebnissen die gewünschten Sentinel-2-L2A-Datensätze zur Verarbeitung aus, indem Sie auf das Warenkorbsymbol neben den einzelnen Datensätzen klicken.
Gehen Sie zum Warenkorb. Es öffnet sich ein Pop-up-Fenster, in dem Sie den SNAP Biophysical-Prozessor konfigurieren können:

Input mask SNAP-LAI

Die Eingabemaske erlaubt die individuelle Konfiguration der Parameter des Prozessors. Klicken Sie auf "Parameter bearbeiten" und wählen Sie die gewünschte Prozessorkonfiguration (siehe Abbildung oben). Der Prozessor kann auch unverändert mit den Standardwerten ausgeführt werden.

Optional: Nutzer können die ausgewählte Prozessorkonfiguration zur späteren Verwendung im Feld "Benutzerdefinierter Prozessorname" speichern. Sie ist dann im Feld "Processor config parameters" verfügbar.

Ergänzen Sie die erforderlichen Informationen:

Object storage URL: https://cloud.code-de.org:8080
S3 Access key / S3 Secret key: Geben Sie den Zugangsschlüssel bzw. den geheimen Schlüssel für Ihren Bucket an (siehe Voraussetzungen)
S3 bucket: Geben Sie den S3 Bucket-Namen an (d. h. den Namen des zuvor definierten Objektspeicher-Containers (siehe Voraussetzungen), im obigen Beispiel: LAI
S3 prefix: Geben Sie ein Präfix an (d. h. einen Namen für den Unterordner, in dem die Ausgabe gespeichert werden soll, im obigen Beispiel: Munich).
Achtung: Wenn kein Präfix angegeben wird oder ein führender Schrägstrich verwendet wird, kann es sein, dass die Ausgabedaten nicht zugänglich sind!
orderName: Ein Name für den Auftrag, dieser ist frei wählbar

Sobald Sie die Bestellung aufgeben, wird die Bearbeitung gestartet.

Zugriff auf die Ergebniss

Die Ausgabe des SNAP Biophysical-Prozessors wird im Unterordner des gewählten S3-Buckets/Containers gespeichert. Der Zugriff ist über das Openstack/Horizon Dashboard möglich, wie unter "Verwendung von Object Storage" beschrieben.

Auf den S3-Bucket/Container kann auch zugegriffen werden, indem der S3-Bucket/Container in eine virtuelle Linux-Maschine eingebunden wird, wie in "Einbinden eines Objektspeicher-Containers als Dateisystem in Linux mit s3fs" beschrieben.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zu diesem Produkt und seiner Verwendung finden Sie auch auf den folgenden Seiten:

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